Was Goethe seinerzeit über die Kanonade von Valmy gesagt hat („Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und Ihr könnt sagen, Ihr seid dabei gewesen“), gibt es so heute leider nicht mehr: Den einen Augenblick, in dem sich die Zeitenwende wie in einem Brennglas bündelt. Der Kanonendonner der französischen Revolutionstruppen, die einem kaiserlichen Heer gegenüberlagen (darin der Dichter mit seinem Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach mittenmang), ist verstummt oder vielmehr herabgesunken zu einem medialen Flüstern und Zischeln, das aber dennoch seit mehreren Jahren immer lauter und eines Tages unüberhörbar wird. Es sagt uns an das Ende der Globalisierung. Es ist unaufhaltsam, denn der über Jahrzehnte treibende Spieler, die USA, hat das Casino des von ihm selbst weltweit etablierten Finanzkapitalismus unter Protest verlassen, bevor ihm die Chinesen auch noch seine goldene Uhr und seinen Hochzeitsring abnehmen konnten.
Vielleicht hassen Sie ihn deshalb hierzulande so, die deutschen Mainstreammedien, den Trump, natürlich auch, weil er von deutschen Einwanderern abstammt, weil er weiß und alt und reich ist und schlechte Manieren und eine hübsche junge Frau hat. Sie hassen ihn aber vor allem, weil er ihnen anzeigt, was die Stunde geschlagen hat weltweit: Spätestens mit seiner ostentativen Abkehr vom „Multilateralismus“ (auch so ein Wortungetüm) dem Einreißen der Kathedralen des Freihandels, der Welthandelsorganisation vor allem, wissen alle, die es wissen müssen: Globalisierung isch over. Jeder ist sich nun wieder selbst der nächste, ganz offiziell.
Damit aber hat sich ein weiteres Geschäftsmodell quasi en passant erledigt, das der BRD-GmbH, zu ihren Hochzeiten auch „Deutschland-AG“ oder „Rheinischer Kapitalismus“ genannt, auch wenn das schon ein, zwei Jahrzehnte her sein mag und sich auch mehr in Bonn als in Berlin abspielte.
Wenn das Volumen des Welthandels im Verhältnis zur Weltproduktion nicht mehr überproportional wächst (= meine Stegreif-Definition des Begriffs „Globalisierung“), sondern der Welthandel in den kommenden Jahren sogar schrumpft, weil Dinge wieder regional und lokal produziert werden, dann wird es ein Staat, der ganz wesentlich vom „Export“ lebt, also von einem funktionierenden und florierenden Welthandel, schwer haben. Er wird es doppelt schwer haben auch deshalb, weil er von seinem durchglobalisierten Selbstverständnis her – „Weltoffenheit“, „Toleranz“ und „Willkommen“ als Dreieinigkeit der Werte – den kommenden inneren Verteilungskämpfen nicht gewachsen sein wird. Er wird so sie wenig begreifen, wie ein Bundespräsident Steinmeier heute schon unfähig ist, die Bürger außerhalb seiner sozialdemokratischen Filterblase zu verstehen.
Diese Verteilungskämpfe um knapper werdende Ressourcen an Wohnung, Arbeit, Bildung, Wohlstand und Teilhabe werden stattfinden und sie finden jetzt schon statt zwischen den „Globalisten“ und den „Autochthonen“ oder „Indigenen“. „Globalisten“ bezeichnet dabei alle, die durch den nun mehr als 3 Jahrzehnte währenden Prozess der Globalisierung etwas gewonnen haben. Manche von ihnen zählen bildungs- und einkommensmäßig zu den derzeitigen „Eliten“ in Politik, Wirtschaft und Kultur, manche finden sich am unteren Ende der gesellschaftlichen Hackordnung wieder. Migranten gibt es in beiden sozialen Sphären.
Was die „da unten“ durch die Globalisierung gewonnen haben, werden manche fragen. Nun, einen Paß vielleicht, einen Anspruch auf Sozialleistungen, Wohnung, Kleidung, Essen in ausreichendem Maße, Bildungschancen.
Die „Indigenen“ haben dagegen seit drei Jahrzehnten tendenziell und strukturell verloren. Arbeitsplätze, Einkommensanteile, Bildungs- und Aufstiegschancen. Sie sind diejenigen, die „schon länger hier leben“, und von der Politik der Globalisierung seit Menschengedenken konsequent ignoriert wurden, auch wenn sich manche Lippenbekenntnisse in Wahlkämpfen gelegentlich anders anhörten.
Wenn nun in unserem Staatswesen „BRD“ auf einmal nicht mehr der jährliche Zuwachs zu verteilen ist, sondern ein „Weniger“, mithin ein Mangel zu verwalten, dann wird das zum einen die bisherigen Globalisten-Eliten in sagenhafter Geschwindigkeit delegitimieren. Ganz einfach: Weil das Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert. Bürgerkriegsähnliche Zustände, verschärft durch mutwillig ignorierte kulturelle Barrieren (Islam), werden die Folge sein – ein Blick in das Frankreich der Gegenwart ist hier lehrreich. Diesen Knall werden wir alle nicht überhören können, und hoffentlich können wir, überlebend, hinterher sagen, wir seien dabei gewesen, wie weiland der Dichterfürst in Valmy.
14.11. 2018 Theo B. v. Hohenheim