It’s a conspiracy, stupid

Es wird der Vater gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter. Lukas 12: 53

Natürlich handelt es sich bei Greta um eine Verschwörung – wenn mir vor drei Jahren jemand erzählt hätte, dass eine 16jährige Schülerin mit Asperger-Syndrom Hauptrednerin auf dem Davoser Weltwirtschaftsforum würde, ich hätte entweder schallend gelacht oder mich besorgt nach dem Gesundheitszustand meines Gegenübers erkundigt.

Auch das deutsche Pendant, Luisa Neubauer, ist zu mediengängig, um wahr zu sein. Machen wir uns nichts vor: Die beiden wurden gecastet, für eine Endlosserie, die seit 2018 über das globale audiovisuelle Möbiusband läuft, das wir wahlweise „die Medien“ oder die „internationale Öffentlichkeit“ nennen.

Diese Verschwörung, die der Jungen gegen die Alten, ist als archetypische Konfiguration schon im Altertum wahrgenommen worden, in christlicher Tradition als ein Vorzeichen der Apokalypse, also der letzten Wiederkehr Christi und des Weltgerichts.

Historisches Vorbild der jetzigen „Klimabewegung“ sind allerdings nicht die Kinderkreuzzüge des Mittelalters, denn diese gefährdeten die bestehende Gesellschaftsordnung in den Herkunftsländern der Teilnehmer nicht, sie führten nur zu deren Tod oder Versklavung, als auf dem langen Weg ins Heilige Land die unbegleiteten Minderjährigen leichte Beute für Geschäftemacher und Perverse wurden.

Nein, wir müssen zeitlich nicht weit zurückgehen, aber geistig etwas über den Tellerrand hinausblicken, um eine Parallele zur Dämonie der „Fridays For Future“-Demonstrationen zu entdecken. Oder einfach nur Greta zuhören, auch wenn es schwerfällt. Was ist nämlich in ihren eigenen Worten (oder denen ihres Redenschreibers) ihr Wunsch und ihre Vision, von „unserer Panik“ einmal abgesehen? Genau, sie will nichts weniger als eine „Kulturrevolution“. Ich kann Dich für diesmal beruhigen, liebe Greta: Wir sind mittendrin.

Denn das Drehbuch für „FFF“ (nummerisch entspricht dies in der Zahlenfolge des Alphabets übrigens „666“, noch ein dezenter Hinweis auf die nahende Apokalypse) hat ein ebenso windiger wie findiger Autor aus für uns Abendländer eher exotischen Zusammenhängen entlehnt. Die Blaupause der geistigen Brandstifter, pardon, Weltenretter, entstammt ganz offensichtlich dem China Mao Zedongs. Der hatte Mitte der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts, nach dem tragisch verfehlten Sozialexperiment des „Großen Sprunges nach Vorn“, seinem politischen Ende entgegengesehen, ihm drohte wegen erwiesener Unfähigkeit die Absetzung durch fachpolitisch versierte Technokraten vom Schlage eines Deng Xiaoping (der dann 15 Jahre später doch noch an die Macht kam).

Und was tat der Große Vorsitzende? Bevor er entmachtet werden konnte, öffnete er die Büchse der Pandora – er spielte, um die mittlere Funktionärsebene, vulgo die Stützen der Gesellschaft, ihrerseits zu entmachten, Jung gegen Alt aus, und wechselte gleichzeitig das Thema, um vom eigenen Versagen abzulenken: Statt dröger Wirtschaftspolitik war „Kampf gegen die Konterrevolution“ angesagt. Schüler und Studenten führten plötzlich das große Wort.
Die Bilanz der „Großen Proletarischen Kulturrevolution“ ist bekanntermaßen verheerend: Im Furor der Rotgardisten wurden Lehrer und Professoren von ihren eigenen Schülern gedemütigt, gefoltert und erschlagen, Kinder denunzierten ihre Eltern, Gelehrte, Mönche, Ärzte, Angestellte verschwanden auf einen Wink hin in Umerziehungslagern.
Der so entfesselte Sturm verlängerte die Herrschaft des greisen Mao um gerade einmal zehn Jahre, um den Preis von Millionen Toten und des Verlusts unzähliger Kulturgüter. Am Ende, 1976, waren Schweineborsten (ja genau: Schweineborsten) das Hauptexportprodukt der Volksrepublik China. Das Land war am Boden.
Die Parallele zum Deutschland des Jahrs 2020 liegt auf der Hand: Auch hier haben wir eine abwirtschaftete Führungsclique, die eine Gesellschaft mit allerlei Sozialexperimenten (Stichworte nur: Energiewende, Bankenrettung, Flüchtlingskrise) an den Rand des Zusammenbruchs, jedenfalls des Nervenzusammenbruchs, geführt hat, mit einer verschworenen Rotte an der Spitze, die partout nicht abdanken will, vielleicht auch, weil sie mehr zu befürchten hätte als nur den Verlust ihrer Privilegien. Auftritt Greta, pardon: Luisa. Noch Fragen?
Wenn wir aber die ganz offensichtlich geplante und von den herrschenden Kräften angesteuerte hiesige Kulturrevolution in den Blick nehmen, dann müssen wir zugleich ihre Folgen ins Auge fassen. Das Ende, wie immer es sein wird, wird furchtbar, aber es bedeutet zugleich das Ende der Schrecken, genauso, wie in China das Todesurteil für die Mao-Witwe Jiang Qing, als der fanatischsten Wortführerin der Kulturrevolution, den Wendepunkt bedeutete.
Lieber ein Ende mit Schrecken: das Ende dieser nicht enden wollenden bleiernen Zeit, gefühlt mindestens seit der Kohl-Ära, die ich persönlich gerne mit dem Kürzel „BRD“ belege, und die schon so lange dauert, wie ich denken kann.
Das Ende unserer kleindeutschen oder allenfalls mitteleuropäischen Kulturrevolution wird das Ende dieses Konstrukts namens „BRD“ sein, und zugleich, jedenfalls in Zentraleuropa, das Ende der kulturellen Hegemonie der Linken. Das ist die wahre Lehre (und die gute Nachricht) des historischen Vergleichs mit China, denn dort haben „Linksabweichler“ seit den späten siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts nichts mehr zu melden, aus oben genanntem, gutem Grund.
Die Sturmtiefs „Greta“ und „Luisa“, in ihrer unangenehmen Besserwisserei und Ungezogenheit wahrhafte Erynnien des Antiautoritarismus, halten aber noch eine Lehre für uns alle bereit, frei nach Andy Warhol: In Zukunft kann jeder ein Weltführer sein – für 15 Minuten.

Berlin, 22. Januar 2020 Friedrich Wilhelmi

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