Angeblich hat die Größte Kanzlerin aller Zeiten auf Ihrem Schreibtisch eine Büste Katherinas der Großen stehen. Das ist – wenn das nicht nur den Kameras dienen soll – offensichtlich die falsche Wahl: Wenn schon etwas Russisches, dann besser Lenin. Oder Nikolaus der II., der letzte Romanow.
Ersterer, weil er Frau M. daran erinnert hätte, weshalb die Bolschewiki in der Oktoberrevolution an die Macht gekommen waren, vor gut einhundert Jahren: Sie hatten den Hauptwiderspruch ihrer Zeit richtig erkannt, der zwischen dem Kriegswillen der damals herrschenden Schichten in Russland und der Kriegsmüdigkeit des Volkes bestand. Also war ihre schlichte Parole: Frieden, und damit spülten sie alles fort, was sich ihnen entgegenstellte, das Parlament, die mehrheitssozialistische (sic!) Regierung Kerenski, die den Krieg fortsetzen wollte, den der Zar begonnen hatte, das liberale russische Bürgertum.
Es ist noch nicht einmal so schwer, den heutigen Hauptwiderspruch zu benennen: Er besteht zwischen dem „Weiter so“ der behäbigen altbundesrepublikanischen Kreise und der Furcht vor weiterer Massenimmigration im deutschen Volk. Wer diesen Widerspruch richtig auflöst, gewinnt die Macht in diesem Land, über kurz oder lang. Die Kerenskis dieser Zeit, die meinen, die Armee, das Geld und die Alliierten seien ausreichende Verbündete, um sich oben zu halten, werden sich täuschen.
Kommen wir zum zweiten Büstenvorschlag für die Kanzlerin, geografisch und historisch nicht weit vom ersten entfernt: Nikolaus II., der letzte Zar, erschossen 1918 mit seiner gesamten Familie. Was will uns sein tragisches Geschick lehren? Schlicht und einfach dies: Wenn sich ein Regime, wie etwa das autokratische Russland vor der Revolution, dem Wandel allzu lange entgegenstellt, dann setzt es Kräfte in Bewegung, die am Ende nicht mehr einzuhegen sind, die sich an keine Spielregeln halten, auch an die Gebote der Menschlichkeit nicht mehr, insbesondere dann, wenn der Anruf der Humanität nur mehr als blosse Floskel im Munde vollversorgter herrschender Klassen verstanden wird.
Am Ende verschonten die bolschewistischen Killer weder Frauen noch Kinder, sie löschten die Romanows physisch aus. Das ist nicht schön, das ist widerlich und durch nichts zu rechtfertigen. Aber so etwas passiert, wenn der Bürgerkrieg durch allzu langes „Weiter so“ produziert und provoziert wird. Ich, Vater zweier halbwüchsiger Kinder, wünsche uns allen das nicht. Aber wir sind weniger als zwei Schritte davon entfernt. Wenn A.M. und ihre Clique meinen, ihre verbleibende Zeit an der Spitze sei in Jahren bemessen, dann irren sie sich. Machen sie weiter, löschen sie den letzten Funken Vertrauen in die Institutionen dieser Republik. Und dann gilt: There will be blood.
19.2. 2018 Friedrich Wilhelmi